In Deutschland hält sich immer noch hartnäckig das Gerücht, dass sich Foodtrucks in den USA an jeder Ecke ihre Klappe öffnen und verkaufen können. Das mag zwar immer noch für bestimmte Regionen und Städte zutreffen, aber in den letzten Jahren hat sich sehr viel verändert.

Wir finden die Idee Spitze! Unser Co-Founder Markus in Boston

Foodtrucks sind beliebt bei Jung und Alt. So nahm die Anzahl der Foodtrucks immer weiter zu. Da es nur wenige Regelungen gab, standen sie gefühlt an jeder Straßenecke. Dann begannen die Reglementierungen und dämmte das Wachstum der mobilen Küchen deutlich ein. In kürzester Zeit reduzierten sich die aktiven Foodtrucks gewaltig. Dass eine Überreglementierung auch nicht der richtige Weg ist, dachten sich Foodtrucks Fans der Stadtverwaltung von Boston und holten sich einen starken Verbündeten: die Harvard Universität auf der anderen Seite des Charles River.

Boston Foodtrucks – Ein Lotteriesystem für Standplätze

Die „Harvard Food Law and Policy Clinic“ und „Harvard Transactional Law Clinics“ haben zusammen mit der lokalen Lebensmittelbehörde eine Standort-Lotterie geschaffen.
Foodtrucks sind im Bostoner Stadtteil Back Bay willkommen.

Zusammen entwickelten sie ein System, das öffentliche Stellplätze für Foodtrucks reserviert. Je nach Lage können ein oder mehrere Foodtrucks dort stehen und zu bestimmten Zeiten ihr Essen verkaufen. Die Orte sind so gewählt, dass sie auf der einen Seite die lokale Gastronomie nicht benachteiligen und andererseits in unterversorgten Gebieten für Alternativen sorgen. Jährlich wächst die Zahl der verfügbaren Stellplätze und die Stadtverwaltung fand so eine sehr einfache Möglichkeit Einfluss auf die Attraktivität von Stadteilen zu nehmen.

Zusammen mit der „Harvard Food Law and Policy Clinic“ und den „Harvard Transactional Law Clinics“ hat die lokale Lebensmittelbehörde eine Alt Lotterie geschaffen, in der die Stellplätze (öffentliche Verkehrsflächen) per Zufall vergeben werden. Das ganze System hat natürlich jede Menge Regeln, die ein wirklich sehr umfangreiches Dokument auflistet. Darin wird nicht nur das Vergabeverfahren beschrieben, sondern auch sehr ausführlich erklärt, wie man zu seinem eigenen Foodtruck kommt. Um bei der Lotterie erfolgreich zu sein, müssen im Vorfeld jede Menge Formulare ausgefüllt und einige Bestimmungen beachtet werden.

Das Vergabenverfahren – Die Lotterie

Alle von der Stadt zur Verfügung gestellten Standorte werden über das Lotterie-System verteilt.
Auch mitten in der Altstadt gibt es entsprechende reservierte Parkplätze für Foodtrucks.

Es gibt einen jährlichen Vergabetermin vor Saisonbeginn im Frühling und bei Bedarf noch drei weitere Termine pro Quartal. Jeder Foodtrucker kann sich für einzelne Standorte anmelden. Bekommt er den Zuschlag, gilt dieser für ein ganzes Jahr. Alle drei Monate besteht aber die Möglichkeit zur Standortänderung. Bewerben sich für einen Standort zu viele Foodtrucks, entscheidet wiederum das Los. Die Termine finden immer zu festgesetzten Zeitpunkten statt, welche lange vorher kommuniziert werden. Dies gibt den Foodtruckern die Möglichkeit langfristig zu planen. Die Verlosung pro Quartal gibt es auch deshalb, weil neue Foodtrucks die Möglichkeit haben, jederzeit zu einem der Termine in das System einzusteigen.

Die Organisation erfolgt über eine zentrale Webseite, auf der sich die Foodtrucker registrieren und alle Anpassungen durchführen können. Möchte ein Betreiber einen neuen Standort für seinen Truck nutzen, so muss er zuerst den alten Standort abwählen und kann sich erst dann für den neuen bewerben. Leider gibt es aber keine Garantie, dass er den neuen zum nächsten Termin bekommt. Der alte Standort ist aber auf jeden Fall weg.

Mehrere Foodtrucks auf Uni Gelände Boston

Foodtrucks am Harvard University Science Center.

Foodtrucks sind sehr beliebt in der Region ...

... was man auch an dem großen Zuspruch sieht.
Foodtruck Boston Burger Company am Harvard University Science Center.

Studenten strömten zu den Foodtrucks, als sie ihre Klappen mitten im Campus der Harvard Universität öffneten. Die Trucks bieten eine Vielzahl von Gerichten an. Hervorragende Qualität zu günstigen Preisen. Kein Wunder, dass sich die Stadt und Universität so engagiert haben. Trotzdem erkennt man, dass das ganze System nicht von Seiten der Trucker konzipiert wurde. Planungsicherheit sieht anders aus, denn bei einem Standortwechsel kann es sein, dass man für drei Monate überhaupt keinen öffentlichen Standort mehr hat.

Alles in allem ist das aber ein sehr gutes System, dass ein riesiger Schritt in die richtige Richtung ist. Ein System, welches leicht abgewandt auch bald im Luxemburg zum Einsatz kommt. Für Deutschland kann dieses Konzept ebenfalls rich­tungs­wei­send sein und mit ein paar Änderungen, die auch die Sicht der Trucker einschließen, kann es die Lösung für eine gastronomische Sondernutzung öffentlicher Verkehrsflächen sein.

Seit gewiss, dass wir an diesem Thema dran bleiben und unser Konzept noch weiter ausbauen werden. Unser Ziel ist und bleibt es, eine Möglichkeit für Foodtrucks zu bekommen, die es auch wirtschaftlich betrachtet möglich macht, sich auf öffentlicher Verkehrsflächen zu stellen und verkaufen zu dürfen.

  • Autor
  • Markus A. Wolf
  • Letzte Änderung
  • 2024-07-27
  • veröffentlicht
  • 2016-01-13
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Portrait Markus A. Wolf

Markus A. Wolf

Lebensmittelchemiker, Designer, Informatiker: Guter Ge­schmack ist ihm angeboren. „Slow food on fast wheels“ ist das Credo des Foodtruck-Experten, Innovationsmanagers und Co-Founders von Craftplaces.