Dirk Quasten, Betreiber von Lucky Lunch, hatte schon viele Stationen in seinem Leben: Stuntman, Chauffeur und zuletzt Gastronom. 2015 bekam er für sein Foodkonzept mit tollen, in Brot servierten Suppen, den Gastro-Gründerpreis. Uns verriet er, warum er nun trotzdem nach einem Nachfolger sucht.

Es war eine relativ kurze, aber erfolgreiche Saison: Im September 2015 startete Dirk Quasten mit einem innovativen Street-Food-Konzept in der Region Frankfurt durch. Unter dem Motto “Lucky Lunch - Essen, das glücklich macht”, war er auf dem Foodbike unterwegs. So gab es beispielsweise Rindergulasch mit Gin-Creme-Fraiche, dunkler Schokolade und Tacos in einem Roggenmischbrot statt Teller serviert. Auch vegetarische und vegane Varianten waren im Angebot.

Im selben Jahr bekam das Konzept auch den Gastro-Gründerpreis, der den Nachwuchs in diesem Bereich fördern soll. Das Konzept kam auch bei den hungrigen Kunden gut an. Aber relativ bald merkte Dirk, dass die Gastronomie-Branche trotz des Erfolges nichts für ihn ist. Nun sucht er nach einem geeigneten Nachfolger für Lucky Lunch. Uns verriet er seine Street-Food-Erfahrungen und seine Auffassung einer erfüllenden Arbeit.

Kannst du kurz etwas zur Entstehungsgeschichte des Konzepts von Lucky Lunch erzählen?

Privat koche und backe ich schon immer gern und hab auch eine Konditorausbildung gemacht. Die Idee zu einem eigenen Foodbusiness kam mir aber nach einer vierwöchigen Reise durch die USA im Jahr 2013. Ich wollte unbedingt meine eigenen Burgerideen als Business vermarkten. 2014 veranstaltete ich private Burgerpartys unter dem Motto „Burger 'N' Beer”, auf denen ich meine Sliderkompositionen (Miniburger) mit eigenen Buns, Toppings und Soßen testete. Dazu gab es ausgewähltes Bier.

Weil zu der Zeit aber täglich neue tolle Burgerläden und Burgertrucks eröffneten, suchte ich etwas Neues. Das Risiko für einen eigenen Foodtruck war mir nach Besichtigung eines Herstellers in Köln zu groß, um meine Food-Ideen am Markt erstmal zu testen. Die Kosten wollte ich so gering wie möglich halten und erst bei Erfolg investieren. Bei Recherchen fand ich heraus, dass immer mehr coole Foodbikes hierzulande unterwegs waren, aber meist einzig als Coffeebikes.

“Nach einem Monat stand ich auf der Straße”

Anfang 2015 schnupperte ich mal einen Tag bei der Burritobande rein, um einen ersten Eindruck vom Straßenverkauf zu bekommen. Im Mai kündigte ich meinen Job, heuerte als Foodtruck-Fahrer und -verkäufer bei Schmegges an. Der Bio-Foodtruck startete am 1. Mai komplett neu und so konnte ich in einer eher passiven Rolle viele Gründungserfahrungen sammeln. Leider war das Konzept bereits nach einem Monat gescheitert und ich stand auf der Straße.

Mit der Einstellung, dass ich es besser kann, wollte ich mich auf kein spezielles Foodkonzept festlegen, sondern ein modulares System entwickeln. Durch die geringen Investitionskosten sollte bei Erfolg die jeweilige Flotte ausgebaut, bei Misserfolg der Aufbau schnell und günstig geändert und auf ein neues Konzept angepasst werden. Dadurch wollte ich Lucky Lunch schnell den ständig wechselnden Foodtrends anpassen und selbst eigene Konzepte entwickeln und ausprobieren. Suppe im Brot war die erste Idee etwas eigenes zu schaffen ohne die Gäste mit etwas völlig Neuem zu überfordern.

Du warst eine Saison mit Lucky Lunch unterwegs. Was waren deine Eindrücke?

Leckeres Suppenbrot von Lucky Lunch. © Lucky Lunch

Als Betreiber war es ja nichtmal eine ganze Saison, aber durch das tolle Verhältnis innerhalb der Foodtruckszene war ich seit den wirklich sehr intensiven Wochen bei Schmegges mit einigen Truckern in stetem Kontakt und besuchte fast jedes Streetfoodfestival in Rhein Main. Mein Eindruck war dabei sehr gemischt. Der mediale Hype hatte mich ziemlich genervt, weil man dadurch an jedem Standort als Betreiber von teilweise recht unverschämten Interessenten ausgefragt wurde, weil die sich ja auch demnächst selbständig machen wollten.

Die Festivals sind größtenteils reine Abzocke vom Veranstalter. Der Gast zahlt 3 Euro Eintritt, 4 Euro für eine (Nichtszene-) Cola, die aber auch nur der Veranstalter verkaufen darf, um sich dann teilweise 45 Minuten auf ein kleines, hochpreisiges und oft leider vom überforderten Betreiber schlecht servierte Häppchen zu freuen. Weil der Gast viel probieren will, steht er also vorallem viel an. Die Betreiber sehen sich einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt, weil sie teilweise enorme Standgebühren stemmen müssen. Wenn dann das gute Wetter oder wider Erwarten der Andrang ausbleibt, bleibt der Betreiber auf vielen Lebensmitteln und Kosten sitzen.

Der Veranstalter ist aber fein raus, denn er hat sich mit der Vorauszahlung der Standgebühren und Auschlussklauseln im Vertrag vor dem Schlimmsten bewahrt. Wenn dann der häufig unerfahrene Veranstalter organisatorisch noch einen Fehler macht, bleibt bei Allen nur ein fader Nachgeschmack.

Für mich geht aus der Gastperspektive Foodtrucks Deutschland mit der App (Inzwischen Craftplaces / Anm.d.Red.) den richtigen Weg, um für den Gast die Standorte von Streetfood aufzuzeigen. Hier steht man nicht so lange an, kann auch mal einen Plausch mit dem Koch halten und Preis/ Leistung stimmen in der Regel auch. Mini-Lunch-Roundups mit zwei bis fünf Wagen, etwas Musik und ein paar Stehtischen oder Bierbänken wie der Frankfurter “Korrekt Mittagstisch” im Gallus waren für mich als Gast und Betreiber 2015 die positivste Entwicklung. Dort konnte ich auch eine weitere Beobachtung machen: der große Unterschied zwischen Stadt und Land.

In der Stadt haben die Gäste bereits Streetfood als kulinarische Ergänzung zur stationären Restaurantlandschaft verstanden. Preis/Leistung funktionieren hier ganz gut. Auf dem Land, auf Wochenmärkten, in Industriegebieten oder auf Straßenfesten ist der Preis immer noch eine echte Herausforderung. Die Qualität und die Nachhaltigkeit in der Essensproduktion spielen auf dem Land noch ein viel geringere Rolle als in der Stadt.

Für mich als Betreiber war das letzte Jahr vor allem sehr unbeständig. Ich arbeite mit dem Kassensystem von Orderbird, das – anders als der subjektive Eindruck – faktisch belegt, wieviel wurde wann von was verkauft. Daraus wollte ich am gleichen Standort bei gleichem Wetter in der Folgewoche meine Rückschlüsse für den Einkauf ziehen. Leider hat das nicht einmal funktioniert. Mal wurde ich ohne ersichtlichen Grund überrannt, mal blieb der Ansturm aus, meist diametral zu meiner Produktion. Da ich mit meinen Suppen immer vorproduzieren muss und nicht wieder aufwärmen kann, war das eine tägliche Nervensäge.

Inwiefern hat dir der Gastro-Gründerpreis 2015 geholfen?

Der Preis hat viele Cateringanfragen und auch den ein oder anderen zusätzlichen Gast gebracht, der Suppe im Brot von Lucky Lunch probieren wollte. Am meisten hat mir der Preis aber bei Gesprächen mit Lieferanten, Standortbetreibern und Behörden geholfen. Dort wird man schneller auf Augenhöhe ernstgenommen. Natürlich hat auch das Preisgeld geholfen, obwohl das nicht entscheidend war. Die Melitta-Kaffeemaschine hat zudem die Arbeitsqualität im Büro deutlich erhöht.

“Arbeit muss Spaß machen”

Wann wurde dir klar, dass die Gastronomie nichts für dich ist?

Wenn man täglich bei Wind und Wetter auf der Straße steht, vorher teilweise vierzehn Stunden aufwendige Suppen gekocht hat, geht die Romantik der Arbeit schnell verloren. Kochen für Fremde, die sich scheinbar täglich neue Unverträglichkeiten ausdenken, ist definitiv eine ganz andere Herausforderung als für Freunde und Familie. Mit meiner wöchentlich wechselnden Karte, unzuverlässigen Lieferanten und manchmal kurzfristigen Absagen von Standortbetreibern war der Spaß an der Arbeit schnell verloren.

Ich habe mich mit teilweise alteingesessen Gastronomen und Foodtruckern unterhalten, die meine Probleme kannten und dennoch Spaß daran hatten. Und obwohl ich mir viel Mühe gegeben habe, für 2016 alles so zu optimieren, dass die neue Saison im März wieder starten könnte, aber ich hab einfach keinen Bock drauf. Ich gestalte mein Leben nach dem Motto “Arbeit muss Spaß machen” um damit erfolgreich zu sein. Ich war Stuntman, Chauffeur und liebe gutes Essen, aber Gastronom bin ich definitiv keiner.

Welche Trends siehst du im Bereich Street Food / Foodtrucks? Manche meinen, es gebe zu viele Burger.

Auf dem Gastro-Gründer-Tag in Berlin habe ich das auch gehört. Für Berlin, Frankfurt und manche andere Großstädte mag das stimmen, aber wirklich hochwertige Burger sucht man auf dem Land meistens vergebens. Als vielreisender Genießer fleischiger Genüsse kann ich wohl behaupten, dass Deutschland in Sachen „guter Burger“ immer noch ein Entwicklungsland ist. Street-Food-Trends werden mir in der Regel zuviel gehypt.

Wie beispielsweise „Superfood“, bei dem man gewöhnliches Gemüse wiederentdeckt hat. Wenn ich meiner Oma erzähle, dass Grünkohl jetzt „Superfood“ ist, dann schüttelt sie zu Recht nur ungläubig den Kopf. Ich sehe lediglich einen echten Trend in der Individualisierung von Essen. Ich finde es zwar schräg, aber das was und wo man isst, wird wohl in Zukunft noch viel mehr das persönliche Image bestimmen.

Wie sind deine Pläne für die Zukunft und gibt es schon einen Nachfolger?

Zurzeit stehe ich im Gespräch mit einem möglichen Nachfolger. Auch das ist ein Vorteil des Gründerpreises: Es herrscht relativ viel Interesse am Lucky-Lunch-Businessplan, Foodbike und den selbstentwickelten Backformen. Leider sind die meisten Anfragen unseriös oder wollen schlicht kopieren. Aber das gehört wohl dazu.

Ich würde mir wünschen einen motivierten Nachfolger zu finden. Es ist ein tolles Konzept, das nur einen begeisterten Betreiber braucht. Von der Abwicklung ist dann auch abhängig, welche meiner Ideen ich als nächstes verfolge.

  • Autor
  • Daniel Bendl
  • Letzte Änderung
  • 2024-10-04
  • veröffentlicht
  • 2016-02-18
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Daniel Bendl

Daniel Bendl

Daniel ist Geschäftsführer und Mitgründer von Craftplaces, Genießer fränkischer und internationaler Gaumenfreuden und Foodtruck Unterstützer der ersten Stunde. Er ist Experte wenn es um die digitale Vereinfachung des Foodtruck Alltags mit Hilfe von Craftplaces Business geht.